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Dezember 15, 2024Meine Freundin, nennen wir sie Lucy, war dabei, im Rahmen eines Eignungsverfahrens einen Unterricht zu halten, um an einer Schule als Lehrerin aufgenommen zu werden.
Sie wusste schon lange, dass es in ihrem Job nicht nur um den Stoff geht, sondern auch um etwas viel Tieferes: Empathie.
Lucy unterrichtet Jugendliche mit Migrationsgeschichten, junge Menschen, die oft in herausfordernden Umständen aufgewachsen sind und jetzt ihren Platz finden möchten. Von Anfang an fiel ihr auf, wie lernbegierig und klug viele dieser Kinder sind – auch wenn sie diese Stärke manchmal selbst nicht sofort sehen.
Mit der Zeit lernte sie, dass es viel mehr braucht, als nur eine gute Lehrerin zu sein. Zuhören, verstehen, und vor allem: die Kinder sehen, wie sie wirklich sind. Lucy liebt ihren Job – auch wenn er herausfordernd sein kann. Er schenkt ihr immer wieder Momente, die sie tief berühren und die ihr zeigen, warum sie diesen Weg gewählt hat.
Dann kam der „Tag X“. Die Schulleitung und einige prüfende BeobachterInnen saßen hinten im Klassenzimmer, um ihren Unterricht zu bewerten. Lucy blieb ruhig, führte die Klasse mit Souveränität und schaffte es, die Kinder zu aktivieren. Alles lief wie am Schnürchen. Selbst die kritischen Blicke der Prüfer konnten nicht übersehen, dass die Stunde ein voller Erfolg war.
Doch nach dem Unterricht fiel ein Satz, der Lucy kurz aus der Fassung brachte. Einer der Beobachter sagte:
„Sie behandeln sie wie ganz normale Kinder.“
Lucy wusste im ersten Moment nicht, wie sie darauf reagieren sollte. War das ein Lob? Eine kritische Anmerkung? Oder einfach nur eine Beobachtung?
Später, als wir uns darüber unterhielten, waren Lucy und ich einig: Kein Wunder, werden manche Menschen aus unserer Sicht schwierig, wenn wir unbedingt wollen, dass unsere Vorurteile sich bestätigen. Dieser Satz brachte uns beide sehr zum Nachdenken.
Lucy hat die Bemerkung zum Anlass genommen, ihren Ansatz noch einmal zu reflektieren. Sie blieb überzeugt: Kinder brauchen nicht, dass wir sie kategorisieren oder anders behandeln – sie brauchen Respekt, Vertrauen und die Möglichkeit, ihre Potenziale zu entfalten.
Und jetzt zu dir: Wie hättest du reagiert? Was würdest du sagen, wenn jemand diesen Satz zu dir sagt: „Sie behandeln sie wie ganz normale Kinder“?
Vielleicht hast du ähnliche Erfahrungen gemacht – oder eine ganz andere Sichtweise?