WENN FREMDE AUFEINANDER AUFPASSEN …
Februar 25, 2024Oder
„Sie geht Kochen“
In Luo: „Odhi tedo“
So wird eine Frau in Luo beschrieben, die auszieht, weil sie verheiratet ist.
In der Regel ist es so bei den traditionellen Luos, dass, wenn eine Frau heiratet, sie zu ihrem Mann geht. Sie führt den Haushalt und kocht. Sie kümmert sich um die Familie ihres Ehemannes und um die Kinder.
Frauen und Mädchen wurden, als ich aufwuchs, auch so „bewertet“. „Sie kann super kochen“ oder, „oh die da, sie kann nicht mal kochen“.
Dass die Rollen so verteilt waren (sind), habe ich verdrängt.
Als wir im August in Kenia waren, kamen wir darauf zu sprechen. Meine liebe Freundin Verena Witte war mit uns unterwegs und besuchte meine Familie jenseits von Touristenregionen.
Wie immer kommen da andere Fragen auf. Mein Mann, meine Freundin und ich sprachen über die Rollen in der Gesellschaft, sowohl bei den Luos als auch in Deutschland.
Auf einmal dämmerte mir, dass wir mit unserer Sprache das Schicksal von Frauen definieren. Sie gehen kochen. Das ist ihre Bestimmung. In der Erzählung war ich erschüttert und amüsiert zugleich. Amüsiert, weil es, für viele starke kenianische Frauen keine Bedeutung hat.
Etwa drei Tage später redete ich mit meinem Neffen über die Rollen der Frauen und Männer daheim. Provokant schlug ich ihm vor, auch daheim zu kochen.
Seine Antwort: „Oh. Meinst du nicht, dass meine Frau mich als Konkurrent wahrnehmen wird? Das ist ihr Platz“
Mein Neffe konnte sich einfach nicht vorstellen, dass es anders sein kann.
Meine Nichte hingegen sah es anders. „Nicht mit mir.“ sagte sie oft im Gespräch. Sie erzählte mir: Sie hat das bereits als Mädchen entschieden, als sie wahrnahm, dass ihre Mutter in Anwesenheit von ihrem Vater keine Stimme hatte.
Wenn ich bei neugierigen Fragen aus meiner Familie antworte, dass mein Mann natürlich auch daheim kocht, wäscht etc., finden die meisten das befremdlich und bewundernswert zugleich.
So gut, dass die Sprache uns nicht davon abhält, es einfach anders zu machen.
So gut, dass wir nicht warten, bis die Sprache geändert wird, um Fortschritte zu machen. Sie erleichert Vieles und ich bin dankbar für alle, die sich für Vielfalt in der Sprache einsetzen.
(Buchtipp an dieser Stelle: „ALLE(S) GENDER“ von Sigi Lieb)
Die Eigenverantwortung kommt hier auch stark in Spiel. Ich werde es wahrscheinlich nicht erleben, dass die Luos den Bedarf sehen, diese Sprache zu ändern. Und doch verleiht mir meine Nichte Zuversicht.
Und ich erkenne:
Die Denkweise, mit der wir aufgewachsen sind, dürfen wir vermehrt hinterfragen.
Und noch etwas:
Wenn vor allem Jugendliche unsere Werte hier noch nicht respektieren, lohnt es sich zuerst zu verstehen, wie tief die Erziehung o.ä. sitzt.
Lasst uns das Positive mitnehmen und verbreiten, über das Hindernde sprechen und ablegen.
Was ist deine Erfahrung mit Rollenverteilung aus deiner oder anderen Kulturen?