„DAS GEHT IMMER VON ALLEIN“
Januar 10, 2023„WARUM BIST DU SO WIDERLICH GUT DRAUF?“
Januar 29, 2023Ich erinnere mich an die Phase, an dem mir dieses Land trostlos, abweisend und herzlos vorkam.
Es ging nicht nur um mich, z. B. die Erfahrung mit unerwarteten Herausforderungen und die aus meiner Sicht nicht gerechtfertigten Ablehnungen …
Es ging auch darum, dass ich mir Gesichter anschaute und mit älteren Menschen arg mitfühlte.
Ich habe auch in meiner Studienzeit für ältere Personen in ihren gemütlichen Häusern gesorgt.
Die meisten schienen mir sehr einsam zu sein und ich nahm zwei Extrembeispiele wahr:
🔸️Die überaus freundlichen und sehr, sehr neugierigen Menschen, die ihre innere Liebe und Wärme trotz Einsamkeit nach Außen ausstrahlten.
Eine Bemerkung werde ich dabei nicht vergessen: so fasste eines Tages mein 95-jähriger Auftraggeber mein Bein an und merkte dabei: „Was für feine Strümpfe Sie doch tragen.“
Er musste richtig staunen, als ich ihm sagte, dass dies meine Haut wäre und keine Strümpfe. Der freundliche Herr ist seit Langem tot, aber er gab mir neue Zuversicht.
🔸️Die extrem verbitterten älteren Menschen mit sehr abweisender Haltung. Als Nachbar „unschlagbar“. Wenn du Ihnen mit Liebe begegnest, werden sie doch auch weich im Herz; ebenfalls eine wunderbare Erkenntnis.
Früher dachte ich, es liegt an der Einsamkeit, die sie hier erfahren.
Natürlich habe ich damals auch ihre Töchter und Söhne heimlich „verurteilt“; wie können sie ihre Eltern vernachlässigen?
Ich verglich das direkt mit dem Ort, in dem ich aufgewachsen bin. Ich war naiv. Sehr naiv.
Ich habe den Kontext nicht berücksichtigt. Ich nahm nur eine Situation wahr und verurteilte gleich.
Jetzt verstehe ich einiges besser.
Zurück zu meinem Versprechen: „Hier möchte ich nicht alt werden.“
Ich merkte, wie mich dieser anscheinend einfache Satz hemmte, denn so hatte ich:
🔸️kaum Möglichkeiten wahrhaftig erkannt, die dieses Land und die Menschen in diesem Land (aus aller Welt) mit sich bringen,
🔸️meinen Fokus auf das Negative gesetzt
🔸️immer nur mit Kenia direkt verglichen, was nicht viel gebracht hat
Zum Glück passierte auch einiges, sowohl schmerzhaftes als auch erfreuliches, was meine Meinung änderte.
Zum Glück lernte ich zu meiner Story zu stehen und mir einzugestehen, dass ich mich manchmal selbst hemme.
Zum Glück lernte ich wunderbare Menschen hier kennen, die „Nichteinheimischen“ mit Kleinigkeiten Hoffnung gaben.
Zum Glück lernte ich, mir vor Augen zu führen, wie ich alt sein möchte. Mit den technologischen Entwicklungen werde ich sicher nicht einsam sterben. 🙂
Zum Glück lernte ich, dass ich nur an der Oberfläche kratzte. Ich darf in die Tiefe gehen – tief in mir zu suchen und tiefere Gespräche zu führen, um die Edelsteine zu finden.
Und ja, ich werde hier alt, jedoch nicht verbittert. 🙂 Du?